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Angriffe auf LGBTIQ+-Menschen
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Angriffe auf LGBTIQ+-Menschen Neue Studie enthüllt dramatische Lebensrealität der Community

ms - 25.06.2025 - 12:00 Uhr
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Seit Jahren nehmen die Angriffe der russischen Regierung auf die LGBTIQ+-Community kontinuierlich zu, seit der Einstufung als extremistische Organisation im letzten Jahr haben sich die Razzien in Schwulenclubs und Festnahmen noch einmal verschärft. Die Lage wird immer aussichtloser, wie jetzt auch eine neue Studie belegt. Jeder zweite Homosexuelle oder queere Mensch erlebte in Russland im letzten Jahr Drohungen und körperliche Angriffe. 

Gewalt und Angst sind Alltag

Das geht aus einer neuen Untersuchung der beiden queeren Rechtsgruppen Vykhod und der Sphere Foundation hervor. An der Befragung nahmen rund 6.000 Menschen aus der Community teil. Physische Gewalt, Bedrohungen sowie Angst und Repressionen sind inzwischen für die Mehrheit zum Alltag geworden. Die Daten im Detail schockieren: 47,5 Prozent der Befragten wurden körperlich angegriffen, verprügelt, geschlagen, mit dem Tode bedroht. 20 Prozent der queeren Jugendlichen erleben eine permanente Bedrohungslage – so die offiziellen Zahlen. Die Fachleute von Sphere gehen davon aus, dass die tatsächlichen Fälle noch einmal weit mehr sind. Dazu passt auch: Nur ein Prozent aller Opfer gibt überhaupt eine Anzeige bei der Polizei auf oder macht den Angriff zumindest bei queeren Vereinen öffentlich. 

Ein lebenslanges Versteckspiel 

Das Anti-Homosexuellen-Gesetz sowie die Extremismus-Richtlinien haben für 88 Prozent aller LGBTIQ+-Russen direkte Auswirkungen auf ihr Leben. 91 Prozent aller Schwulen, Lesben, Bisexuellen und queeren Personen verstecken ihr Sexualität oder/und Identität und zensieren sich auch im alltäglichen Leben. Nur jeder fünfte LGBTIQ+-Mensch (22%) in Russland bringt den Mut auf, sich gegenüber Medizinern zu outen. Fast jeder dritte Befragte (29%) verschwieg seine Homosexualität auch dann, wenn er krankheitsbedingt eine medizinische Pflege nötig gehabt hätte. 

Armut und Prostitution

Die Angriffe auf die Community wirken sich auch wirtschaftlich auf LGBTIQ+-Menschen aus, über 20 Prozent von ihnen leben am Existenzminimum und in absoluter Armut. Fünf Prozent prostituieren sich zwangsweise aufgrund von Geldnöten. Gerade einmal 71 Prozent haben ein einigermaßen stabiles Einkommen, von dem sie leben können. Zudem geht in der Community auch anderweitig die Angst um: Zuletzt wurden Berichte publik, die aufzeigten, dass die russischen Behörden offenbar tatsächlich eine digitale „Datenbank von LGBTIQ+-Bürgern“ eingerichtet haben, um Personen zu registrieren und landesweit besser verfolgen zu können. 

Flucht oder Zusammenhalt

Das Epizentrum der Community bleibt dabei St. Petersburg, viele aus der Community sehen die Stadt als Zufluchtsort, rund die Hälfte der Befragten (56%) lebt hier sogar im Freundeskreis offen – im Rahmen der Möglichkeiten. Im Job ist in der Millionenmetropole nahe Finnland jeder fünfte Homosexuelle geoutet (22%). Von einem friedvollen Leben sind die allermeisten trotzdem weit entfernt; nach Angaben der Sphere Foundation gab es zuletzt einen deutlichen Anstieg bei der Nachfrage nach Hilfen zu Auswanderungsmöglichkeiten, Asylanträgen und psychologischer Unterstützung angesichts wachsender Gewalt, Verhaftungen und Verfolgung. 

Abschließend hält die Organisation fest: „Dieser Bericht zeigt die Dringlichkeit einer Ausweitung der internationalen Solidarität und Unterstützung für LGBTIQ+-Menschen in Russland, die mit einer brutalen Kombination aus rechtlicher, sozialer und wirtschaftlicher Diskriminierung konfrontiert sind. Inmitten von Repression und Angst bleiben Widerstand und gegenseitige Unterstützung für das Überleben und den Kampf um Rechte unerlässlich.“ 

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