Liebe liegt in der Luft Jonny und Ben Finch-Brown aus Großbritannien
Jonny und Ben Finch-Brown aus Großbritannien sind seit über einem Jahrzehnt zusammen – auf der Showbühne als Luft-Akrobaten und dahinter als schwules Ehepaar. In Stuttgart sind sie nun mit ihrer Show “Smooch!“ zu Besuch, eine spannende Mischung aus Zirkus, Burlesque und Cabaret.
Jonny und Ben, wie habt ihr euch gefunden? Und wie harmonisiert ihr als Künstler-Paar gut zusammen?
Wir haben uns als Kinder im Alter von acht Jahren kennengelernt. Wir haben beide an Turnwettbewerben teilgenommen und sahen uns jedes Jahr bei den nationalen Meisterschaften. Richtig kennengelernt haben wir uns viele Jahre später in einer Zirkusschule in London. Seit 2011 sind wir zusammen und seit neun Jahren auch verheiratet. Wir harmonieren künstlerisch miteinander, wenn Ben sagt, was er tun will und ich es befolge. Scherz! Wir haben unser Duo gegründet, weil wir unsere Karrieren nicht damit verbringen wollten, als Solisten zu arbeiten und nebenbei zu versuchen, eine Fernbeziehung zu führen. In kreativer Hinsicht haben wir die gleichen Ziele. Kleine Streitereien gehören zu einer Langzeitbeziehung einfach dazu, vor allem, wenn man jeden wachen Moment miteinander verbringt. Wir versuchen immer, die Arbeit und unser Privatleben voneinander zu trennen. Unsere Karrieren liegen uns beiden sehr am Herzen, wenn wir eine neue Nummer kreieren, essen, schlafen und atmen wir gemeinsam nur für den Job.
Was waren für euch einige berufliche Highlights der letzten Jahre?
Wir haben so viele verschiedene Jobs gemacht und an unglaublichen Orten und für unglaubliche Menschen gearbeitet. Wir hatten das große Glück, unsere Liebe zur Mode mit unserer Zirkusarbeit verbinden zu können und haben zwei Jahre im unglaublichen Friedrichstadt Palast Berlin verbracht, wo wir an einer Show in den Kostümen von Jean-Paul Gaultier gearbeitet haben. Wir haben auch eher zufällig einen Job für Dolce & Gabbana gemacht während der Laufstegshow in ihrem unglaublichen Haus in Portofino. Außerdem durften wir sechs Monate lang in Singapur leben und dort an einer Show arbeiten. Das war unglaublich, weil es uns die Möglichkeit gab, zu reisen und verschiedene Länder und Kulturen zu erkunden. Zu unseren Highlights gehört auch die Mitwirkung am English National Ballet's 'Swan Lake', das wir in der Royal Albert Hall aufführen durften. Aber wir können nicht über Highlights sprechen, ohne auch unsere Zeit in Stuttgart zu erwähnen. Das Friedrichsbau Varieté war das erste Theater, das unserer Zirkuskompanie United Queendom eine Chance gab.
In der Show begebt ihr euch auf die Suche nach Liebe und Sex. Wie viel davon brauchen die Theaterbühnen dieser Welt?
Wenn Du noch keine 'Showmance' (Show-Romanze) hattest, hast Du nicht richtig gelebt! Intimität jeglicher Art ist das, was gute Kunst schafft. Performance ist so ähnlich wie Sex. Wenn man es vortäuscht, ist es einfach nicht gut, und die Leute kommen bestimmt nicht wieder! Man muss an das glauben, was man auf der Bühne tut. Wir sind sehr gut darin geworden, nichts vorzutäuschen, alles ist echt. Das gibt uns einen guten Kompass, wenn es um Liebe und Sex geht. Bis die Martinis anfangen zu wirken!
Schwule Paare im Scheinwerferlicht sind oftmals besonderen Widrigkeiten ausgesetzt. Wie haltet ihr eure Liebe frisch?
Unsere Jobs können ziemlich stressig sein, aber wenn man die unglaublichsten Dinge mit der Person teilen kann, die man am meisten liebt, ist es das wert. Wir achten darauf, dass wir uns im Laufe des Jahres eine Auszeit nehmen und gemeinsam als Familie verreisen können, wir und der Hund, damit wir uns auf unsere Beziehung konzentrieren können. Wir versuchen, uns einfach zu amüsieren, sei es im Urlaub oder auch nur eine Woche zu Hause, ohne Ablenkung durch die Arbeit. Wenn das nicht klappt, hilft ein bisschen unanständige Unterwäsche sehr gut!
Ein Großteil eures Teams ist LGBTIQ+. Was ist das Besondere daran?
In der Regel bedeutet das, dass wir uns unsere Kämpfe in diesem Leben ausgesucht haben und wissen, wie man für das eintritt, woran man glaubt. Wir sind wirklich ein sehr harmonischer Haufen und wir arbeiten zusammen, weil wir uns mögen.
In London gibt es seit Jahren ein großes Problem mit Hassgewalt gegenüber Homosexuellen. Wie lebt es sich dort als schwuler Mann?
Das ist eine gute Frage! Ich denke, dass London für die Mehrheit der schwulen Männer zumeist ein großartiger Ort ist, um authentisch zu leben, gleichgesinnte, offene Menschen zu finden und in die queere Kultur einzutauchen. Ich würde gerne sagen, dass wir keine Misshandlungen wegen unseres Schwulseins erlebt haben, aber leider haben wir das. Es ist eine besonders beunruhigende Zeit. All diese Versuche, unsere Rechte zurückzudrängen, spornen uns jedoch an, die Botschaft unserer Show weiter zu verbreiten. Liebe ist für alle da und wir gehen nirgendwo hin!
Jonny und Ben, vielen Dank und Toi Toi Toi für die Show!
Smooch!
4. Juli 2025 / 20:00 Uhr